Der Kampf um die Neugasse
Um ein schmales Wegstück am Rande von Zürich-West wird erbittert gekämpft: Die Anwohner wehren sich gegen den Velo-Verkehr, doch die Radler wollen nur widerwillig Umwege in Kauf nehmen
Das, was sich am Rande von Zürich-West abspielt, ist exemplarisch für die Stadtentwicklung: Die Einwohnerzahl und der Verkehr nimmt zu, doch niemand will die vielen mobilen Menschen vor seiner Haustür haben.
Also werden Fahrverbote erlassen, Lenkungsmassnahmen getroffen und Schikanen gebaut. So auch an der Neugasse, wo ein schmaler, aber bei Fussgängern wie Radlern gleichermassen beliebter Weg vom Viadukt Richtung Langstrasse verläuft. Das vielleicht zweihundert Meter lange Strässlein liegt direkt am Park, ist aber kein öffentlicher Grund, sondern Privatgrund der Eisenbahner-Genossenschaft (EBG) Dreispitz, welcher die Häuser an der Neugasse gehören. Diese versucht seit Jahren, seine Anwohner, aber auch die Passanten vor immer mehr und immer schneller werdenden Velofahrern zu schützen. Die Stadt Zürich versucht, zu vermitteln und hat die «offiziellen» Velowege umgeleitet, diese führen jetzt zur Josefstrasse um den Park herum.
Doch eine grosse Zahl Velofahrer radelt weiterhin den gewohnten Weg über die Neugasse. Grosse Verbotsschilder am Anfang und Ende der Strasse nützten wenig – solche Hinweise gekonnt zu ignorieren sind Velofahrer in der Stadt längst gewohnt. Darum standen die Verantwortlichen der EBG zeitweise selber in der Strasse, stoppten Velofahrer und ermahnten oder verzeigten diese. Mitunter führte dies zu hässlichen Szenen und üblen Beschimpfungen. Jetzt hat die EBG Dreispitz die nächste «Rakete» im Kampf gegen die missliebigen Velofahrer gezündet und eine veritable Schikane auf die Strasse montiert. Das Hindernis besteht aus einer hölzernen Bodenplatte, auf der zwei grosse Gitter versetzt montiert sind.
Der Weg durch dieses Konstrukt zwingt die meisten Velofahrer nun tatsächlich zum Absteigen, doch die meisten steigen unmittelbar nach der Schikane wieder aufs Rad, um weiter zu fahren. Der «Erfolg» dieser Massnahme darf also als bescheiden bezeichnet werden, wenngleich es natürlich immerhin ein Schritt ist, wenn die Radler ihre Geschwindigkeit verlangsamen müssen.
Doch die Radler wehren sich weiter: Nach nur einer Nacht war die Schikane bereits von jemand zur Seite geschoben worden. Zur Mittagszeit war sie wieder fest verzurrt an ihrem Platz. Zudem schmückten einige plastifizierte Schilder das Hindernis. Darauf wurde von den Velofahrern Anstand und Verständnis eingefordert. Ob diese dafür zu haben sind? Wir bleiben dran.
PS: Nachtrag vom 26. Mai 2024: Die «Neue Zürcher Zeitung» hat dem Thema einen langen Artikel gewidmet, der auch Stimmen der betroffenen Parteien, der Stadtbehörden und der Polizei enthält. HIER geht's zu dem Beitrag.